Paris Photo
Kunstfotomesse der Superlative
Messen über Fotografie gibt es viele, von klein bis groß. Alle haben sie etwas gemeinsam: Es dreht sich um Technik. Welche Kamera und Linse, welches Stativ und so weiter. Dabei geht das Bild aber meistens unter. Eine gewisse Technik benötigt man, zur Not einfach nur eine Lochkamera. Aber die Technik macht nicht das Bild. Sie entscheidet nicht über Perspektive, Bildausschnitt, Hoch- oder Querformat, Belichtung und Schärfe. Das sind wir, die Menschen, die diese Kameratechnik beherrschen. Und was machen wir damit! Bilder, einfach nur Bilder, die das wiedergeben, was wir mit diesen Bildern ausdrücken möchten. Aber Bilder spielen immer mehr eine untergeordnete Rolle. Auf den Technikmessen stehen die Menschen dicht gedrängt an den Tresen der Kamerahersteller, um die neuesten Modelle in der Hand zu halten. An den ausgestellten Bildern laufen sie vorbei. Ein kurzer Blick genügt, um alle zu erfassen. Nein, ein kurzer Augenblick ist nichts, um sich ein Bild anzusehen. Ein Gegenpol zu den Technikmessen gibt es Ende des Jahres in Frankreich: Paris Photo.
Im November 2018 steht Paris unter dem Einfluss der Kunstfotografie. Gleich zwei große internationale Messen finden in der französischen Hauptstadt statt. Hier geht es um die Paris Photo, untergebracht im Grand Palais, welches für die Weltausstellung 1900 gebaut wurde.
Stahl und Glas prägen die große Halle. Das Glasdach lässt viel Licht herein, und dieses umschmeichelt die Fotos. Künstler, Galeristen und Käufer tummeln sich unter dem riesigen Glasdach. Ein idealer Platz für die Paris Photo 2018, um Fotos und Kunstfotobücher zu präsentieren, zu bestaunen und zu kaufen.
Große Galerien und Fotobuchverlage aus aller Welt sind hier vertreten. Gezeigt wird ein großes Spektrum – von modern bis altehrwürdig: Henri Cartier-Bresson, Edward Weston, Jürgen Teller, Ernst Haas, Josef Koudelka, Louis Faurer, Neil Lang und viele andere sehenswerte Fotografen. Hier wird die ganze Bandbreite der Fotografie gezeigt, und was die verschiedenen Künstler/innen darunter verstehen. Einiges ist bekannt, vom Motiv und von der Umsetzung her. Vieles ist neu, ungewöhnlich, provokant und fremd.
Aber es sind nicht nur die Bilder, deren Motive und Ausarbeitung, auch deren Präsentation fließt in das Gesamtkonzept mit ein: Wenn ein Rahmen, dann welcher? Wird das Bild beleuchtet, neutral von oben oder mit Glühlampen? Auf Alu Dibond, Papier oder einem anderen Bildträger?
Neil Lang hat seine Bildserie „Horizon“ in Rahmen schief und schräg aufgehängt.
Cedric Delsaux bringt in seinen Bildern die Zukunft von Starwars in unserer normalen Lebensumgebung. Battle droids als gelangweilte Gang lungern auf einer staubigen Straße rum. Fotografie und 3-D Figuren perfekt miteinander kombiniert.
Ganz anderes Paul Mpagi Sepuyas. Seine surrealen Porträtfragmente entstehen durch die Benutzung von Spiegeln bei der Aufnahme und er kombiniert diese später mit Collagetechniken. Ob die Collagen mit der Schere oder mit Photoshop entstanden sind, konnte ich nicht herausfinden.
Im Fotobuchbereich findet man bekannte und auch unbekannte Fotobuchverlage mit einem unüberschaubarem Angebot. Von billig – der Preis – bis sehr sehr teuer findet man hier alles für jeden Geschmack.
Natürlich, surreal, verrückt, inspirierend, Traumwelten, Alptraumwelten, ausgefallene Drucktechniken und Präsentationen. Ein Fotobuch lebt nicht nur durch die Bilder. Cover, Umschlag, Drucktechnik und Layout sind wichtige Bestandteile.
Von den vielen tollen Büchern auf der Paris Photo 2018 möchte ich hier zwei vorstellen:
Vom Verlag Hatje Cantz „Arbeit am Wrack“ von Tomasz Gudzowaty
Ein unglaubliches Buch über Schiffsabwracker in Chittagong in Schwarzweiß dokumentiert. Das Fehlen der Farbe unterstützt die Aussage der Bilder und zeigt, das es auch heute noch körperliche Arbeiten gibt, die den Menschen alles abverlangen, aber es bleibt ihnen nichts anderes übrig. Ungewöhnlich für ein Fotobuch ist, dass die Bilder bis an den Seitenrand gehen. Es gibt keinen Weißraum, nur Bild. Dazu ist dieses Buch in einem tollen Druckverfahren erstellt worden, was den Schwarzweiß-Bildern eine unglaubliche Tiefe verleiht.
Der Kehrerverlag präsentiert das Buch „Flying Houses“ von Laurent Chehere
Ein Künstler, der sich von Jules Verne, Fellini und vielen anderen Künstlern hat inspirieren lassen. Seine „Fliegenden Häuser“ entstanden aus vielen verschiedenen Pariser Architekturfotos. Die Personen in den Häusern sind seine Familie und Freunde. In diesen Bildern spiegeln sich Kreativität, Ideenreichtum und technische Perfektion in Reinkultur wieder.
Eine Reise nach Paris lohnt sich immer. Aber besonders im November, zur Paris Photo.
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